Die traditionelle Gedenkfeier am 6. August an der
japanischen Friedensglocke im Volkspark Friedrichshain war in diesem
Jahr besonders beeindruckend. Zum 65. Jahrestag des Atombombenabwurfes
hatten sich wieder etwa 200 Menschen um die Glocke geschart. Sie
erlebten zunächst eine Trommlergruppe im japanischen Taiko-Stil
trommelte. Es trat ein Chor aus Osaka auf und auch schon traditionell
sang der Hans-Beimler-Chor. Leider konnte er wegen des strömenden
Regens statt vier Liedern nur zwei singen.
Besonders bewegend war die Rede von Hideto Sotobayash (81). Er ist
einer der Wenigen Überlebenden, die den Atombombenabwurf auf Hiroshima
direkt erlebt haben. "Ich möchte, dass die Menschen nicht vergessen,
wie tragisch und verheerend eine Atombombe ist", sagt der emeritierte
Professor für physikalische Chemie mit leicht gebrochenem Deutsch. Mit
28 Jahren kam er als Stipendiat nach Berlin. Seitdem lebt er in Berlin.
Mit ruhiger Stimme berichtete er von jenem Tag, dem 6. August 1945:
"Hunderte Flugzeuge kreisten seit sechs Uhr morgens über der Stadt. Die
Menschen waren in Alarmbereitschaft." Später wird die Warnung
aufgehoben, die Menschen strömen in die Stadt, zur Zwangsarbeit. Auch
Sotobayashis Mutter und er selbst, der als Eliteschüler während des
Zweiten Weltkrieges weiter lernen durfte, machen sich auf den Weg in
die Innenstadt. 15 Minuten später fällt die Bombe. "Es fällt mir nach
so vielen Jahren noch immer schwer, darüber zu sprechen. "Ich war 16
und saß mit 23 anderen Schülern im Chemieunterricht, als auf einmal
dieser grelle Blitz kam und dann der ungeheuerlich laute Donner folgte.
Danach fiel das Schulgebäude in sich zusammen." Sotobayashi war nur 1,5
Kilometer von der Detonation entfernt. Erst einige Zeit später kommt er
wieder zu sich, begraben von Schutt und Asche, aber unverletzt. Er
blickt sich um, doch nichts von dem, was ihm vertraut ist, ist
erhalten. Kleine Feuerherde breiten sich aus. "Ich wusste, ich muss
fliehen. Sonst wäre ich verbrannt." Hideto Sotobayashi war auch Redner
bei der Einweihung des Hiroshima-Platzes in Potsdam-Babelsberg am 25.
Juli 2010. Am Platz liegt die Villa, in der Präsident Truman 1945
anlässlich der Potsdamer Konferenz wohnte. Von hier aus gab er genau 65
Jahre zuvor den befehl zum Abwurf der Atombombe auf Japan.
Bärbel Schindler-Saefkow berichtete, wie diese Glocke 1989 von der
japanischen Weltfriedensglocke nach Berlin (damals noch Ost) gekommen
war. Eine ähnliche Glocke steht auch bei den Vereinten Nationen in New
York. Sie ist insbesondere der atomaren Abrüstung gewidmet und wird
immer im September zu Beginn der UNO-Abrüstungswoche geläutet.
Xanthe Hall (IPPNW) berichtete von der Überprüfungskonferenz zum
Atomwaffensperrvertrag (NPT) im Mai in New York. Leider ist der Abzug
der Atomwaffen aus Deutschland immer noch in weiter Ferne. Abhängig ist
das von der NATO-Strategie, die im November beim NATO-Gipfel in
Portugal neu beschlossen wird. Nach wie vor scheint aber die NATO auf
einer atomaren Abschreckung zu bestehen. Viele Länder haben inzwischen
ihre Bereitschaft erklärt einer Nuklearwaffenkonvention beizutreten.
Das ist ein fertig ausgearbeiteter Vertrag, der die schrittweise
Abrüstung der Atomwaffen vorsieht. Die Vorschläge zur atomaren
Abrüstung sind also vorhanden. Sie müssen endlich umgesetzt werden.
Darin waren sich alle Redner einig.
Die Veranstaltung war noch besser organisiert als in den Jahren zuvor.
Die Glocke war beleuchtet. Die Verstärker-Anlage war besser, sodass die
Chöre gut zu hören waren. Darum hatte sich die
Friedensglockengesellschaft gekümmert.
Die Partei-Vorsitzende Gesine Lötzsch (Die Linke) war auch anwesend.
Auch die FDP ist ja mittlerweile für den Abzug der Atomwaffen aus
Deutschland. Wir hoffen, dass sich auch die anderen Parteien endlich
aktiv werden, um die Atomwaffen (nicht nur bei uns) abzuschaffen. Die
Bevölkerung ist schon seit langem dafür.