Rim Farha, geboren in Damaskus
Mitglied im Deutschen Friedensrat e.V.
Berlin, im April 2011
Wenn man so viele Jahre weit weg von seiner Geburtsstadt und dem Geburtsland gelebt hat, werden alle Nachrichten von dort immer wichtiger. Seit uns nun die Berichte über die Demonstrationen der Syrier erreicht haben, wirken diese Botschaften auf mich wie eine große Hoffnung auf einen Aufbruch in eine neue Zeit. Natürlich haben die Kämpfe in Tunesien, Ägypten, Libyen, Bahrein, Jemen und Jordanien mich ebenfalls aufgewühlt, nicht aber so sehr, wie die Nachricht von den Protesten in Damaskus, der Hauptstadt meines Heimatlandes.
Dort, wo Meinungs- und Pressefreiheit unbekannt geblieben sind, lebt ein ganzes Land bereits seit 1963 im ausgerufenen Ausnahmezustand. Seit 1970 herrscht dort der Familienclan AL - Assad über alle politischen Fragen des Staates. Die Gefängnisse sind voll und gerade deshalb sind sie eine ständige Drohung gegen jede Opposition im Land. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Tausende Syrier im Exil befinden, anstatt eine syrische Demokratie in ihrem Heimatland mitzugestalten.
Da es keine normale Berichterstattung aus dem Lande gibt, erreichen uns die Nachrichten nur auf besonderen Wegen: persönlich oder über das Internet. Jetzt ist aber die Mauer der Angst überwunden. Die begonnenen Kämpfe, die in dem Land nahezu flächendeckend eingesetzt haben, sind mutige Erhebung eines ganzen Volkes gegen seine Unterdrücker. Städtenamen, die für solche oppositionellen Aktivitäten stehen, sind außer dem heldenhaften Darra auch Damaskus, Duma, Al Muadamiya, Homs, Latakiya und Baniass. Menschen unterschiedlicher politischer, ethnischer und religiöser Herkunft, Frauen und Männer, gingen unter der Losung „Wir sind alle Syrier“ gemeinsam auf die Straße und riefen laut die Forderung, dass sie die Machtverhältnisse im Land ändern wollen. Brutal wurde auf die ersten Aktivisten – friedliche, unbewaffnete Demonstranten – geschossen. Rund um jeden Freitag wurden mehr als zweihundert Tote gezählt und Hunderte Verletzte. Hinzu kamen Tausende Verhaftete, insbesondere junge Menschen. Aber die Toten haben den Zorn und die Kampfbereitschaft angefacht. Mit neuen Märschen wollten friedliche Demonstranten die Regierung unter Druck setzen, um wirkliche demokratische Reformen einzuleiten. Eine angekündigte Aufhebung des Ausnahmezustandes stets noch immer aus.
Als Syrierin befürchte ich, dass angesichts der vielen brisanten internationalen Ereignisse in diesen Tagen diese dramatischen Vorgänge und das tapfer kämpfende Volk von der Weltöffentlichkeit unbeachtet bleiben. Die demokratischen Syrier dürfen in ihren mutigen Bestrebungen nicht allein gelassen werden. Sie brauchen auch unsere Solidarität von außen. Deshalb möchte ich vorschlagen, sich für eine Unterstützung zusammenzuschließen und durch parlamentarische und außerparlamentarische Aktivitäten der Opposition in Syrien – ohne Waffen - Kraft von außen zu geben. Damit darf jedoch keine Form einer militärischen Intervention in Gang gesetzt werden, weder unter der Flagge der UNO, der NATO oder einer Koalition von Willigen.
Für die Gründung einer „Initiative für ein demokratisches Syrien“ bitte ich um Unterstützung über alle parteipolitischen, ethnischen und religiösen Grenzen hinweg.
Kontaktaufnahme mit mir per Email: rim.farha@gmx.de oder saefkow-berlin@t-online.de